Kampf dem Krampf


Wer beim Training von Muskelkrämpfen geplagt wird, greift gerne als Erstes zu einem essenziellen Mineral, das wir alle kennen: Magnesium. Und das, obwohl die Ursache der Krämpfe nur bedingt erforscht ist und keine eindeutige Evidenz für die Wirksamkeit von Magnesium-Präparaten vorliegt. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, wie du „entkrampfen“ kannst.

Schmerzhafte Muskelkrämpfe werden meist durch eine Überlastung der betroffenen Muskulatur verursacht, wie zu hohes Tempo oder ungewohnte Belastungen. Der Muskel ermüdet und schafft den Wechsel von Kontraktion zu Entspannung nicht mehr problemlos. Ansonsten sind die Gründe für Muskelkrämpfe vielfältig; Magnesiummangel ist nur einer von vielen. Zu den weiteren Ursachen zählen beginnende Venenleiden, Überforderung der Muskulatur nach (ungewohntem) Sport, Durchblutungsstörungen jeglicher Art (zum Beispiel bei Diabetes mellitus), Kortison (Asthmasprays), Diuretika, Antidepressiva sowie Nieren-, Schilddrüsen- oder Magen-Darm-Erkrankungen.

Mittlerweile weiß man, dass Magnesium keineswegs das Allheilmittel gegen Krämpfe im Sport ist. Vielmehr reagiert der Körper auf Über- oder Fehlbelastung. Die Ursachen von Muskelkrämpfen sind zweierlei Natur: nicht genügend erforscht sowie in höchstem Maße individuell und vielschichtig. Infrage kommen etwa Überbelastung, Elektrolytmangel, Minderdurchblutung oder beginnende Venenleiden. Im Allgemeinen kann man aber davon ausgehen, dass eine der folgenden Ursachen den Grund für Muskelkrämpfe darstellt.

Elektrolytmangel

Hier ist der Verlust an Natrium (Kochsalzverlust) durch starkes Schwitzen zu nennen. Andere Elektrolytverluste, wie der von Magnesium, fallen geringer aus. Ein Natriumdefizit tritt in der Regel nur während sehr langer Dauerbelastungen auf. Durch den der Wärmeabgabe dienenden Schweiß kommt es zu einer relativen Vermehrung der Intrazellularflüssigkeit.

Maßnahme: pausieren, salzhaltiges Rehydratationsgetränk zügig zuführen (akut bei ersten Krampfanzeichen: 3,0 Gramm Salz und 500 Milliliter Getränk, anschließend wieder Getränk mit niedrigerem Salzgehalt von 0,4 bis 1,1 Gramm pro Liter, wie Apfelsaft und natriumreiches Mineralwasser oder Sportgetränk). Die Muskelentspannung kann begleitend durch Massieren und Kühlen mit Eis gefördert werden und den Schmerz schnell lindern, bis die Salzaufnahme wirkt (wenige Minuten).

Prävention: individuelle Trinkstrategie austesten, während der Belastung ausreichend natriumhaltige Getränke aufnehmen

Erkennung: langsam beginnende Krampfentwicklung bis zu großflächigen, schweren, intermittierenden Krämpfen, meist nach und nicht während körperlicher Belastung. Ein Hinweis kann übermäßiges Schwitzen sein: Salzniederschlag auf der Haut zeigt, dass vermehrt Kochsalze mit dem Schweiß verloren gegangen sind.

Magnesium

Bei mehr als neun Stunden Ausdauersport pro Woche oder starkem Schwitzen braucht der Körper tatsächlich mehr Magnesium. Auch in der Schwangerschaft oder bei einigen schwerwiegenden Erkrankungen ist das der Fall. Eine zusätzliche Magnesiumzufuhr ist lediglich sinnvoll, wenn sie regelmäßig und über einen längeren Zeitraum erfolgt, da nur so der Magnesiumspiegel in der Muskulatur ansteigt. Wer erst drei Tage vor einem Wettkampf damit anfängt, steht auf verlorenem Posten.

Eine ausreichende Versorgung mit Magnesium ist für Sportler wichtig, auch im Breiten- und Gesundheitssport. Um einen Magnesiummangel im intensiven Breitensport wie im Leistungssport auszugleichen, sollte bei Hinweisen darauf im Rahmen der sportmedizinischen Betreuung eine Optimierung der Ernährungsgewohnheiten sowie eine orale Magnesiumsubstitution empfohlen werden. Hierbei ist die Dosis in Bezug auf die Resorptionsquote im Darm zu berücksichtigen. Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass bei einer Einnahme von 120 Milligramm circa 35 Prozent werden, jedoch bei Einnahme einer kompletten Tagesdosis von 360 Milligramm nur noch circa 18 Prozent.

Da exakte Studiendaten zur täglichen Dosis sowie Geschlechts- oder Altersabhängigkeit nicht vorliegen, scheint aus empirischer Sicht eine Ergänzung von beispielsweise zweimal 150 Miligramm Magnesium pro Tag im Breitensport bei klinisch nachgewiesener Mangelsituation sinnvoll. Da leistungssteigernde Wirkungen unter der Einnahme von Magnesiumpräparaten bisher nicht beschrieben wurden, ist die Anwendung unter dem Aspekt des „Dopings“ unkritisch.

Um Magnesium als Ursache von Muskelkrämpfen auszuschließen, ist eine reguläre Blutanalyse nicht aussagekräftig genug. Eine häufig genutzte Möglichkeit ist, zeitlich begrenzt mit Magnesium (200 bis 300 Milligramm pro Tag) zu substituieren und die Reaktion des Körpers zu beobachten. Langfristig sollte dauerhaft magnesiumreich gegessen werden. Dies gelingt, indem Vollkornprodukte, Gemüse und Nüsse einen festen Bestandteil im Speiseplan haben.

Eine Umstellung auf besonders magnesiumreiche Nahrungsmittel verringert die Neigung zu Krämpfen. Dazu zählen Hülsenfrüchte, Spinat, Kartoffeln, Vollkornbrot, Haferflocken, Nüsse, Milch, Käse und Mineralwässer.

Minderdurchblutung

Beginnende Venenleiden, wie etwa Krampfadern, betreffen vor allem die hautnahen Venen am Bein und ihre Verbindungen nach innen. Einfach ausgedrückt handelt es sich um beschädigte, geschwollene und vergrößerte Gefäße, deren Venenklappen häufig nicht richtig funktionieren. Dadurch wird das sauerstoffarme Blut im Venensystem schlechter zurück zum Herzen transportiert. Dies führt zu einem Austritt und einer Anstauung von sauerstoffarmem Blut, das viele Giftstoffe enthält.

Die Ansammlung von venösem, toxinhaltigem Blut in den Muskeln macht diesen anfälliger für Krämpfe.

Maßnahme: Allgemein empfiehlt sich zur Behandlung von Krampfadern die Anwendung von Rosskastanienextrakt, der in Form von Kapseln eingenommen oder als Gel auf die betroffene Stelle aufgetragen werden kann. Rosskastanien lindern die Krampfneigung, da sie die Blutzirkulation ankurbeln. Bei schmerzenden und empfindlichen Muskeln nach einem Krampf kann auch Arnika für Linderung sorgen. Arnika kann nicht nur bei Blutergüssen helfen, sondern auch bei Muskelschmerzen.

Prävention: regelmäßiger Ausdauersport, zum Beispiel Walking, Radfahren oder Schwimmen. Bewegungssportler können ihr Venensystem im Allgemeinen wesentlich länger stabil halten als Nichtsportler.

Erkennung: Anfangs kommt es zu Symptomen wie schweren, müden oder schmerzenden Beinen und Schwellneigung, vor allem nach langen Tagen am Schreibtisch oder langem Stehen. Betroffene Frauen leiden kurz vor der Menstruation verstärkt darunter. Abends und bei warmen Temperaturen nehmen die Beschwerden eher zu, bessern sich aber nach Hochlagerung oder Kühlung der Beine.

Betroffene sollten anstrengende Belastungen direkt nach großen Mahlzeiten vermeiden, weil dann das Blut in die Verdauungsorgane fließt und der Muskulatur fehlt. Eine Minderdurchblutung kann Krämpfe verursachen!

Medikamente

Auch einige Medikamente können zu Krämpfen führen. Dazu gehören insbesondere Antidepressiva. Krämpfe zählen zusätzlich zu den bekannten Nebenwirkungen von Kortison und Diuretika (Entwässerungsmittel). Daher solltest du, wenn du zu Krämpfen neigst, eine Medikamentenanamnese durchführen lassen.

Quelle: shape UP Fitness 4/2021